Zu Besuch bei den Xu’s
Nächster Stopp Yancheng. Mein ehemaliger Arbeitskollege Di hat mich zu seiner Familie in China eingeladen! Der Bericht darüber wurde recht lange, aber mir hat es echt super gefallen und da soll nichts fehlen 😀
Von Xi’an aus ging es wieder mit dem Nachtzug 17h nach Yancheng. Die Fahrt war aber sogar ganz angenehm, da nach dem ersten Halt ziemlich viele ausgestiegen sind. So hatte ich einen 6er Sitzbereich die meiste Zeit für mich alleine 👌
Yancheng
Yancheng ist eine kleinere Stadt (Stadt 1,5 Millionen und Stadtgebiet 8 Millionen Einwohnern) eher untouristisch und liegt paar Stunden nördlich von Shanghai. Ganz witzig ist in so einer Stadt, dass man als Fremder sofort auffällt und man echt was besonderes für die Einwohner ist, was zu vielen Blicken und Fotos führt 🙂
Am Bahnhof wurde ich von Di’s Papa Hailiu und seinen beiden Cousinen in Empfang genommen. Die beiden sollten die Tage dann auch meine Übersetzer sein, was sie hervorragend gemacht haben 🙂
Da Di wohl seinen Eltern erzählt hat, dass ich mich in früherer Blogeinträgen beschwert habe Locals und Land nicht kennengelernt zu haben, wurde mir nach euphorischer Begrüßung des kleinen süßen Teddydogs dann direkt nach Ankunft in der Wohnung so ziemlich alles für die Region typische angeboten 😀
Viele Früchte, Süßigkeiten oder Getränke. Sehr cool 😁
Die Mutter von Di, Xia ist eine Lehrerin und schon in Rente ist (in China für Frauen ab 55 und Männer ab 60 Jahren), aber trotzdem noch Privatunterricht gibt. So waren dann noch ein paar Schüler bei ihnen zu Hause. Chinesische Schüler lernen jetzt auch alle englisch, weswegen wir uns sogar ein klein wenig verständigen konnten.
Allgemein ist es nichts ungewöhnliches, dass Schüler und Studenten am Samstag und Sonntag lernen oder zur Schule gehen um ihre Leistung zu verbessern. Die Ausbildung der Kinder hat sowieso einen sehr hohen Stellenwert in den Familien. So wird viel Geld in die Kinder investiert, eventuell der Wohnort gewechselt, damit ihr Kind zu einer besseren Schule gehen kann (wird nach Bezirk vergeben) oder es bleibt bei einem Kind, da für zwei Kinder das Geld nicht reicht. Ziel von vielen ist es im Ausland studieren zu können.
Das Verwöhnprogramm ging weiter (und sollte nicht aufhören 😬) mit einem Mittagessen bei dem es alles mögliche und leckere an chinesischen Dingen gab. Di’s Vater kocht gerne und beherrscht das hervorragend! Zum Essen dazu gab es Weißwein auf chinesisch. Das ist ein Wein der aus Reis gewonnen wird und 40% Alkohol beinhaltet. Ist aber trinkbar.
Mir wurden schon vor Ankunft eine ganze Reihe von Ausflügen vorgeschlagen, die ich während meiner Zeit in Yancheng unternehmen möchte.
Und so gingen die Cousinen und ich zusammen ins Museum. So wurde mir die Geschichte der Region und der Stadt näher gebracht. Ganz cool war, dass ein Autor eines Masterpieces aus der Ecke kommt und es dazu ein Museum gibt.
Es gibt insgesamt 4 Masterpieces und jeder Chinese liest diese 4 Bücher in der Schule und daraus werden gesellschaftliche Gepflogenheiten abgeleitet, nach dem der Chinese leben sollte.
Das Beibehalten der Tradition ist in vielen Punkten noch ein wichtiger Bestandteil der Chinesen. Fand es immer cool wenn mir die Mutter von Di eine kleine Anekdote erzählt hat, wenn sie irgendwo ein Symbol oder Bild gesehen hat. Das wird den Schülern ebenso unterrichtet und so hat sie als Lehrerin da einen Draht zu.
Am Ende kam dann als Fazit immer raus dass man die Familie oder ältere Leute ehren und schätzen sollte 😁👍
Überragendes Abendessen auf Chinesisch
Weitere Traditionen sollte ich dann beim Abendessen kennen lernen 😊
Und zwar wurde ich in ein schönes Restaurant eingeladen. Mit dabei war die komplette Verwandtschaft, die mich sehen wollte. Großeltern und alle Tanten und Onkels. Es ist üblich in China, dass man in einem privaten Raum an einem großen runden Tisch sitzt und die Gerichte auf der drehbaren Platte für alle serviert werden und man so von allem probieren kann.
Eigentlich echt cool auf diese Art zu essen. Es gab alles mögliche an Köstlichkeiten. Mir wurde jedes Mal erklärt was es ist und probiert wurde alles. War super lecker. Jedoch ist für den Europäer ziemlich viel ungewohntes dabei. So wird einiges aus dem Gesicht der Tiere gegessen. Öhrchen, Nase, Bäckchen usw.
Sehr wichtig in China ist das gegenseitige Respekt zeigen. So ist schon die Sitzordnung wichtig. Gegenüber der Tür sitzt der einladende Gastgeber. Links davon der wichtigste Gast, rechts davon der zweite in der Rangordnung usw. Habe es anfangs nicht verstanden warum, aber es gab immer ein kleines Ringen darum wer wem die Suppe schöpft oder das Glas füllt.
Der einschenkende Part zeigt so seine Achtung vor dem anderen und andersrum möchte der andere sich nicht höher stellen als der Einschenkende und so gibt es immer ein kleines Ringen wer wem mehr Respekt zollt 😬
Am lustigsten ist aber die Trinkkultur 😁 Ich wurde schon beim Mittagessen davor gewarnt, dass ich als Gast sehr viel trinken müsste. Und zwar ist so ein Essen keine ruhige Angelegenheit wie bei uns, sondern eher sehr lebhaft. Da sind alle etwas in Bewegung und einfach alles etwas wilder.
Es stehen durchgehend Leute auf, richten ein paar nette Worte an jemand anderen und dann trinken die Beteiligten ihr kleines Weißweinglas auf Ex. Gambai! Das wird dann immer pro Familie gemacht. Da ich der Gast war, wollten natürlich alle mir ein Hallo oder Willkommen zuprosten und so hatte ich mit jedem Onkel und Tante mehrfach zu trinken. Da ich mich dann auch dankbar zeigen wollte, wurde es dann in die andere Richtung wiederholt.
Sehr schön auch dass jeder mal zu Oma und Opa gegangen ist, um mit diesen anzustoßen. Tante und Onkels saßen immer getrennt und während die Frauen bei alkoholfrei blieben, haben wir Männer Schnaps getrunken 😁
Auch die Reaktionen waren etwas verschieden. Die Tanten haben sich alle Sorgen um mich gemacht und die Onkels haben immer neue Messbecher eingeschenkt. War auf jeden Fall lustig. Nach dem Essen ging es dann in ein angrenzendes Zimmer in dem Karten gespielt wird. Es gibt da ein chinesisches Kartenspiel das überall gespielt wird.
Eine Mischung aus der Pokerreihenfolge und Bimbo (Sry. Heißt das echt so? Ganz schön rassistisch was man da als Kind lernt 😱). Mir wurde erklärt es sei viel zu kompliziert um es schnell zu lernen. Aber im Prinzip sind alle Kartenspiele irgendwo ähnlich und ich habe es relativ schnell verstanden. Naja worauf ich hinaus möchte.
Alle waren begeistert von mir und ich habe viele (ernst gemeinte) Komplimente erhalten, dass ich ein guter Trinker und Kartenspieler bin 😅 Schöne Art um Respektpunkte zu sammeln 😬
Da wir ja einiges getrunken haben, haben wir vorausschauend das Auto zu Hause gelassen. Haben stattdessen den Elektroscooter genommen. Viel sicherer 😅
War auf jeden Fall ein schöner Abend. Dachte es sei halt Samstagabend gewesen und alle hatten Zeit für ein nettes Essen. Aber schon am nächsten Morgen haben sich wieder alle in einem Restaurant getroffen und es gab Frühstück mit allen möglichen chinesischen Dingen! Und so sollte es dann auch weitergehen 😁
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Abendessen Nummer 2
Am zweiten Abend hat ein Onkel zum Hotpot eingeladen. Unterschied dabei ist, dass man dazu Bier statt Weißwein trinkt. Heimspiel 💪
Auch hier wurde wieder an nichts gespart. Die schönsten Fleisch- und Fischfilets wurden in den Pot geworfen und es war echt lecker, aber auch sehr scharf!! An dem Nachbartisch saßen ehemalige Unikollegen vom Onkel Arzt. Aber da wurde trotz anfangender Arbeitswoche alles gegeben und ein Bier nach dem anderen weggegambayt 😁
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Abendessen Nummer 3
Abend 3 hat dann ein nächster Onkel zum Krabbenessen eingeladen. Ist wohl sehr teuer und es war ein Mitglied der Regierung anwesend. Der durfte sogar näher am Gastgeber sitzen als ich 😱😱
Aber ein ganz cooler Typ. Hat mir erklärt wie man so eine Krabbe isst und wir haben nett geplaudert. Echt viel Aufwand für etwas Krabbe. Ein Essenshighlight für mich war noch die Fischsuppe als einer der Vorspeisen.
Neue Gerichte werden auch immer erst dem Gastgeber gebracht, damit er sich das beste Stück nehmen kann. Naja der beste Teil der Suppe wurde dann an mich weiter gereicht und so hatte ich die Ehre. Also bekam ich einen großen Schöpfer mit den Fischaugen in meine Schüssel. Danke 😅
Die Augen waren okay. Außen etwas hart und innen etwas glibbrig. Nervig waren nur die ganzen Knochen und Knorpel um das Auge rum. Naja ist eine Erfahrung wert.
Ausflüge in Yancheng
Ich wurde nicht nur am Abend verwöhnt. Auch mittags habe ich mit Di’s Eltern und Kasey, seiner Cousine coole Dinge unternommen. So sind wir sonntags etwas aus der Stadt gefahren und haben ein kleines Dörfchen angeschaut. Natürlich wieder mit vielen lokalen Dingen zum Essen und Trinken! Im Anschluss ging es ins Spa zum Entspannen in heißen Quellen und ja es war echt gut.
Da wird einem dann auch klar, dass man während dem Reisen echt nicht oft einfach nichts machts. Tat gut! 👍
VIP an einer chinesischen Schule
Auch etwas abgefahren war der Besuch einer Schule. Mir wurde dies angeboten, da die Mutter Lehrerin war.
Dachte eigentlich sie sei noch Lehrerin und ich gehe da mit, um mir die Schule bisschen anzuschauen. Naja da sie nicht mehr an der Schule unterrichtet, hat sie eine Freundin von ihr gefragt ob ich vorbeikommen kann. Sind dann dorthin gefahren und ich wurde von der Freundin und einem Kollegen in Empfang genommenen.
Was ich nicht wusste, dass es die beiden Schulleiter der Grundschule sind! So wurde ich von der Chefin persönlich durch die Räumlichkeiten geführt und eher als VIP behandelt 😬 Natürlich im Anschluss zu einem nächsten großen Mittagessen eingeladen.
Es war aber sehr interessant die Schule und deren Schüler zu sehen und über die verschiedenen Systeme zu plaudern. Danke auch an den Cousin von Di. Vincent studierte in Amerika und arbeitet in Australien, was das Dolmetschen sehr einfach machte.
Die Schule an sich ist riesig. Kein Vergleich zum WHG in Durmersheim. Die Grundschule in China dauert 6 Jahre und es gibt pro Jahrgang einige Klassen. Insgesamt um die 6000 Schüler. Aber alles sehr modern und auf dem neusten Stand.
Dinge die mir aufgefallen und hängengeblieben sind:
– Es wird sehr auf Disziplin geachtet bzw die Schüler sind einfach diszipliniert. Ab dem Eingang der Schule sind gelbe Striche und Dreiecke auf dem Boden gemalt. Und alle Schüler laufen exakt an den Linien entlang.
An einer Kurve drehen sie in einem 90 Grad Winkel ab. Alle haben Schuluniform an und bis zu 10 Jahren? eine rote Schleife um den Hals. Im Unterricht sitzen alle vollkommen aufmerksam und ruhig am Tisch. Keiner der rumlungert, gautscht oder schläft 😬
– Alle Schüler müssen zu den Young Patriots. Eine Organisation der Kommunistischen Partei Chinas. In dem Raum waren Flaggen und Uniformen zu sehen. Sah für mich als Deutscher sehhhr seltsam aus. Keine weitere Wertung 😬
– Wenn ich es richtig verstanden habe, dürfen nur die besten Schüler auf die Universität. Dh sie haben schon einen hohen Erfolgsdruck von Eltern und im jungen Alter.
Auch die Dauer pro Tag ist länger als in Deutschland. Plus Schule am Wochenende. Sie waren da etwas überrascht als ich ihnen erzählt habe, dass ich meistens um 12:40 Uhr zuhause war und nicht oft mittags Unterricht hatte.
– Die chinesischen Traditionen und Benimmregeln werden auch unterrichtet. Einerseits finde ich es gut wenn es darum geht respektvoll anderen gegenüber zu sein und sich an gewisse Regeln zu halten. Aber ich weiß nicht in wie weit das auch in Richtung Leitkultur geht.
Abgrenzung von anderen Kulturen und so (im Prinzip ist das Blockieren des Internets auch eine Form davon). Daher auch hier keine Wertung 😬
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Für mich war auch die Cousine ein beeindruckendes Beispiel. Sie ist 15 Jahre alt und super clever. Die Eltern zahlen viel Geld für eine Privatschule. Sie kann fließend Englisch sprechen und beherrscht sehr gut die deutsche Sprache. Im nächsten Jahr möchte sie nach Deutschland und dort das Abitur machen.
Ich meine sowas gibt es bei uns nicht oft, dass Eltern in dem Alter so hinterher sind und fördern, dass ihr Kind in ein weit entferntestes Land zieht.
DANKESCHÖN!
Allem in allem war die Zeit bei Familie Xu mein Highlight in China! In den paar Tagen habe ich so viel mehr über China, deren Kultur und das normale Leben gelernt als in der restlichen Zeit.
Wenn man zu den Touri-Spots fährt, sieht man zwar viele schöne Gebäude oder Landschaften aber im Prinzip sind die Menschen viel interessanter. Natürlich wurde mir der Aufenthalt auch so schön und komfortabel wie möglich gemacht. Ich wurde von vorne bis hinten verwöhnt und durfte nicht mal für den Friseur (die Tanten haben beschlossen ich brauche einen Haarschnitt und Rasur 😳) oder das Busticket nach Shanghai bezahlen.
Hierfür herzlichen Dank. Ich glaube nicht, dass eine Gastfreundschaft in diesem Maße überall normal ist.
Ich habe mich im Hause Xu mit Teddydog super wohl gefühlt, Cassie hat mich überall begleitet und super übersetzt, die Treffen mit der kompletten Familie waren jedes Mal sehr witzig und danke an Di der das ermöglicht hat!
Hoffentlich sieht man sich in Deutschland wieder und ich kann mich revanchieren 🙂
Hey du da! Endlich ein paaaaaaar Infos 🙂 Jetzt hast du ein wenig Kommusmus kennen gelernt 😛
Eine Frage ist aber immer noch offen – #WoIstDieBrunhilde?!?!?!!?!?!??!?!?!!?!?
Haha jetzt kommst du 😅 Aber ja stimmt. Muss die Brunhilde wieder aus den Tiefen des Rucksacks ausgraben. Die wurde tatsächlich etwas vernachlässigt 😱